Interview: Wie Sie Körpersprache nutzen
Selbstbewusstes Auftreten und kommunikative Kompetenz sind heute gefragter denn je. Unser Auftritt bestimmt jede Begegnung mit anderen Menschen – ob im beruflichen oder privaten Bereich. Körpersprache und Stimme machen dabei einen Großteil unserer Wirkung auf andere aus. Durch Haltung, Gestik und Mimik zeigen wir (bewusst oder unbewusst) unsere Gedanken und Gefühle und präsentieren uns souverän oder unsicher. So kann es sein, dass man trotz tollem Inhalt sein Gegenüber einfach nicht überzeugen kann.
Schauspielerin und Sprechtrainerin Barbara Mergenthaler ist Expertin, wenn es um die Wirkung von Stimme, Auftritt, Sprache und Körpersprache geht. Sie ist Teil des Ensembles „Dein Theater“ in Stuttgart und steht selbst regelmäßig auf der Bühne. Daneben gibt sie Führungskräften und Interessierten Coachings, bei denen es darum geht, den eigenen Auftritt, den Stil und die Sprache bei öffentlichen Auftritten, Vorträgen, Meetings oder auch Bewerbungsgesprächen zu verbessern.
In unserem Interview gibt uns Barbara Mergenthaler tiefen Einblick in diese abwechslungsreiche Arbeit mit ganz unterschiedlichen Menschen aus unterschiedlichen Berufen und Führungspositionen. Erfahren Sie im Interview, auf was es bei der Körpersprache ankommt oder auch warum der persönliche Scheinwerfer so wichtig ist.
Das Interview ist inhaltlich und sinngemäß, aber nicht wortwörtlich wiedergegeben:
Frau Mergenthaler, viele haben, was Körpersprache angeht, einen eher begrenzten Wortschatz.
Welche Vokabeln sollte man sich unbedingt antrainieren?
Das mit dem Antrainieren ist so eine Sache, da Körpersprache etwas sehr individuelles ist, vergleichbar mit unserem Fingerabdruck. Mimik, Gestik und auch die Körperhaltung gehören dazu, interessanterweise auch der Tonfall und der Gang. Mann könnte sagen, dass Mimik, Gestik, Tonfall und Körperhaltung die vier wesentlichen Vokabeln sind, die unsere nonverbale Sprache prägen.
Eine weitere wichtige Vokabel ist die Distanzzone. Da unterscheiden wir die intime, die persönliche und die öffentliche Zone. Je nachdem, ob ich mit engen Freunden, der Familie, mit meinen Kindern oder mit Fremden spreche, halte ich unterschiedliche Entfernungen beim Sprechen ein.
Wichtig finde ich, die Körpersprache überhaupt zuzulassen. Sie muss von innen heraus kommen. Die innere Haltung prägt unsere Körpersprache. Sind hier Unstimmigkeiten, dann ist es wichtig zu fragen, welche innere Haltung dahinter steckt. Darauf komme ich später nochmal.
Nur so viel: Wenn ich mit Freude auf etwas zeige, dann werde ich immer eine gespannte Körperhaltung haben und nicht eine schlaffe.
Was fällt Ihnen im Alltag bei vielen Menschen auf, in Bezug auf nonverbale Kommunikation?
Körpersprachliches Verhalten ist auch einer „Mode“ unterworfen, durchläuft verschiedene Phasen. Wenn ich heute so über die Königsstraße laufe, fällt mir auf, dass viele sehr durchtrainiert sind und eine entsprechende angespannte Haltung haben. Wieder andere wirken extrem schlaff.
Außerdem beobachte ich, dass die Mimik etwas zurück geht. Das kann daran liegen, dass Kommunikation heute sehr häufig über Medien läuft. Dadurch wird die Mimik und Gestik flacher und die Stimme geht nicht mehr so richtig in die Höhen und Tiefen.
Dann eben noch das Nord-Südgefälle. Je weiter nördlich, desto sparsamer wird die gestische und mimische Sprache im Vergleich zu Menschen, die weiter im Süden leben. Das hängt mit Natur, Kälte, Licht, der Mentalität zusammen.
Was macht man in Ihrem Coaching und wer nimmt das in Anspruch?
Das sind Menschen unterschiedlichen Alters aus der Wirtschaft oder Industrie. Leute, die im Beruf sprechen müssen oder sich auf Führungspositionen bewerben möchten. Fachlich sind sie sehr kompetent und möchten daran arbeiten, das was sie können und wissen nun auch möglichst lebendig, authentisch und überzeugend rüberzubringen. Man kann ja tollen Inhalt haben, aber wenn der nicht überzeugend rüberkommt, ist vieles umsonst.
Stimme und Körpersprache können sehr überzeugen. Dabei geht es bei mir nicht um Kosmetik, also darum, was man äußerlich verbessern kann, sondern es geht mir immer um die innere Haltung. Es geht um Persönlichkeit. Wenn sich jemand zum Beispiel nicht traut zu sprechen, dann hilft es eben nicht zu sagen: Jetzt stehen Sie mal gerade und halten Sie den Kopf nicht schief. Es geht darum, hinzuhören und genau zu beobachten, um herauszufinden, warum das so ist.
Da hatte ich eine Frau, die viel in der Öffentlichkeit sprechen musste und ich merkte schnell, dass sie das, was sie sagt, mit dem Körper immer verneint. Diese Diskrepanz bewusst zu machen, hat der Frau geholfen, die innere Haltung in Einklang zum Gesagten zu bringen.
Eine andere Frau hatte beim Reden immer so ein Schmatzen und das hat leider total vom Inhalt abgelenkt. Wir haben dann festgestellt, dass es daher kommt, dass sie sich einfach nicht traut, eine Pause beim Sprechen zu machen. Alles Dinge, die man vom Theater her kennt.
Bei der Arbeit mit Stimme und Haltung begibt man sich immer in einen Prozess mit sich selber. Es geht um die Beschäftigung mit der inneren Haltung und der eigenen Person. Das ist eine sehr spannende Arbeit, mit immer wieder neuen spannenden Persönlichkeiten.
Coaching für Schauspieler aber auch Unternehmer, Angestellte. Gibt es spezifische Verhaltensmuster bei bestimmten Berufsgruppen?
Die gibt es tatsächlich. Mir fällt auf, dass Menschen aus der Wirtschaft oft sehr gestählt zu mir kommen. Sie vermitteln mit ihrer ganzen Körperhaltung, dass sie alles im Griff haben.
Pfarrer halten gerne den Kopf schräg. Sie wollen verstehen, mitgehen, sich einfühlen.
Juristen sind diejenigen, die alles genau wissen und verstehen möchten. Sie möchten gut argumentieren oder begründen können.
Wer viel draußen arbeitet hat in der Regel eine kräftige Stimme und eine zupackende in schöner Weise grobe Gestik. Ich sehe das an meinen Brüdern, der eine ist Landwirt und der andere Arzt. Da merkt man deutliche Unterschiede an der Stimme, aber auch an der ganzen Art und Weise zu sprechen.
Wie sollte ich mich in wichtigen Situationen, z.B. Vorstellungsgesprächen oder Präsentationen verhalten?
Ich muss mir über zwei Dinge im Klaren sein: Was ist der Sprechanlass und wer ist das Publikum? Mit wem rede ich und was will ich vermitteln? Ziel ist es, beim Sprechen ganz bei mir zu sein.
Und natürlich der Scheinwerfer. Der sitzt im Dekolleté Bereich. Wenn ich mich nach vorne beuge und dann die Brust langsam öffne, indem ich die Schultern nach hinten, unten ziehe, dann schalte ich in dem Moment den Scheinwerfer an. Das heißt, ich habe eine präsente Körperhaltung und die Stimme ist mehr in der Resonanz. Bei allen wichtigen Gesprächen und Besprechungen gilt: Scheinwerfer anstellen!
Wie gehe ich mit Zeichen von Nervosität um?
Nervosität würde ich in diesem Zusammenhang als Lampenfieber bezeichnen. Es steckt das Wort Lampe und Fieber darin. Hier entsteht also Hitze, es wird einem heiß, man schwitzt, …
Ich habe selbst immer Lampenfieber, obwohl ich schon so oft auf der Bühne stand.
Da ist es wichtig zu wissen, dass Lampenfieber ein Motor ist, den wir brauchen um gute Leistung zu erzielen. Hohes Lampenfieber hängt oft auch mit einem hohen Anspruch an die eigene Leistung zusammen.
Interessant ist, dass praktisch jeder Lampenfieber hat! Aber in den wenigsten Fällen merkt das Gegenüber das so stark, wie man meint. Vor allem Frauen klagen über Lampenfieber, aber gerade bei denen merkt man es nachher kaum. Bei Männern ist es eher andersherum.
Was hilft sind:
- gute Vorbereitung
- Akzeptieren der Angst in Form von Lampenfieber
- Umwandlung der Angst in positive Energie. Zum Beispiel indem man sich gespannt darauf freut, was kommt.
- Machen Sie aus „Angst vor…“, „Lust auf“ und „Freude auf“!
Den konstruktiven Umgang mit Lampenfieber kann man üben!
Wie macht man sich schnell locker?!
Als Schauspielerin mach ich vor jedem Auftritt Sprech- und Stimmübungen. Auch Körperübungen für die körperliche Geschmeidigkeit gehören dazu. Dann natürlich: Scheinwerfer an! Bei Lampenfieber hilft es außerdem, zu gehen und Atemübungen zu machen.
Gut getrunken und etwas gegessen zu haben ist ebenfalls wichtig.
Wie kann ich meine nonverbale Kommunikation verbessern?
(privat und im Geschäftsleben)
Gestik befördert Gedanken. Wenn ich meine Hände bewege, kommen neue Gedanken, auch das Gehen bewegt die Gedanken. Deshalb sollten die Hände nie verstaut sein, hinter dem Rücken oder in den Taschen. Sie müssen in Bereitschaft sein, so in der Körpermitte, damit sie sich bewegen können, wenn sie wollen. Nur so kann sich die Gestik entfalten. Im Privaten würde ich auf nichts achten. Da macht man in der Regel eh alles richtig, was Körpersprache betrifft.
Noch ein Wort zum Smalltalk: Das ist die Kunst des kleinen, kurzen Gespräches. Hier werden wichtige Entscheidungen getroffen. Es gelten dieselben Regeln, also Hände in Bereitschaft halten, Scheinwerfer anstellen. Die optimale Distanzzone beim Smalltalk ist ungefähr eine Armlänge Entfernung.
Welche Rolle spielt die Kleidung?
Kleidung ist ein sehr heikles, aber auch sehr wichtiges Thema. Kleidung sollte bequem, aber natürlich auch immer anlassgerecht sein. Sie darf nicht vom Thema ablenken. Wer Charme hat, sollte den auch zeigen, auch in der Kleidung. Aber es sollte letztlich die Klugheit und das Können im Vordergrund stehen und nicht die Tatsache, dass jemand schöne Beine oder ein schönes Dekolleté hat. Betrifft ja mehr die Frauen. Auch hohe Schuhe sind nur dann schön, wenn die Frau damit gut gehen kann, sonst kann schnell der Eindruck von Unbeholfenheit entstehen. Man sollte sich also auf jeden Fall wohl fühlen, in dem was man anhat aber eben auch immer überlegen, was man damit transportiert. Kleidung prägt übrigens auch die Körperhaltung. Mit Kleid oder Rock steht man anders als in Hose. Frauen haben ja den Vorteil, dass sie da durchaus variieren und ausprobieren können.
Vielen Dank für das Interview.
Wer Frau Mergenthaler selbst einmal für ein Coaching buchen möchte, kann dies gerne per E-Mail an barbara.mergenthaler@deintheater.de tun.
Ansonsten ist sie als Schauspielerin im Wortkino in Stuttgart zu sehen (Infos und Spielplan unter www.wortkino.de) oder mit ihrem Ensemble „Theater auf Bestellung“ zu buchen für Feste und Veranstaltungen über www.deintheater.de.
Unbedingt merken:
- Mimik, Gestik, Stimme, Tonfall und Körperhaltung vermitteln letztlich die innere Haltung und können zusammen mehr überzeugen als ausgesprochene Worte.
- Scheinwerfer an beim Reden
- Die Kleidung spricht eine eigene Sprache